Fischerei damals und heute – Interview mit Manfred Göken
Manfred Göken war 47 Jahre lang Fischer im Kutterhafen Neuharlingersiel. Dort ist er auch groß geworden und hat viele Stunden seiner Kindheit mit Spielen, Angeln, Fischen und Boot fahren im Hafen verbracht. In Eckernförde hat Manfred Göken seine Ausbildung zum Fischwirt gemacht. Nach seiner Ausbildung war er einige Jahre auf einem Kutter angestellt und 1978 machte Manfred Göken sein Kapitänspatent. Bereits 1979 machte er sich mit seinem Kutter Condor selbstständig. In den 80er Jahren erhielt er seinen Meisterbrief zum „Fischwirtschaftsmeister“. Neben dem normalen Alltag als Fischer hat Manfred Göken auch Gästefahrten für Touristen auf der Nordsee angeboten. Zehn Jahre später verkaufte Göken die Condor und kaufte stattdessen den Kutter Antares, der immer noch im Hafen in Neuharlingersiel zu bewundern ist.
Für Manfred Göken ist der Fischerberuf der schönste Beruf, den er sich vorstellen kann. Trotz vieler Schwierigkeiten, die einem im Fischeralltag begegnen, würde er jederzeit wieder diesen Beruf wählen. Die Abwechslung im Alltag und nie zu wissen, was die Netze hervorbringen, ist für ihn das Spannende an der Fischerei.
Während seiner Zeit auf See hat Manfred Göken viele Veränderungen in der Fischerei mitgemacht. Zu Beginn seiner Fischerlaufbahn gab es kaum technische Mittel, die den Fischern auf See geholfen haben. Als Ausrüstung besaßen die Fischer einen Kompass zur Navigation, ein Lot zur Messung der Wassertiefe und eine Seekarte. Die Ausleger des Kutters mussten noch mit reiner Muskelkraft eingefahren werden und auch der Fang musste von den Fischern per Hand gesiebt und sortiert werden, um nur die gute, brauchbare Ware an Bord zu lassen.
Durch eine Rüttelmaschine wurde einige Jahre später die Arbeit ein Bord erleichtert. Die Fischer mussten nicht mehr per Hand die gute von der unbrauchbaren Ware trennen, denn die Rüttelmaschine sortierte automatisch die Marktware aus, die dann an Land zum Verkauf angeboten wurde.
Auch die Lagerung der Ware an Bord hat sich mit den Jahren verbessert, als die Kutter die Möglichkeit bekamen, die gefangenen Krabben an Bord zu kühlen. Dies ermöglichte ihnen für eine längere Zeit auf See zu bleiben und die Netze mehrfach auszuwerfen, ohne dass der Fang verdirbt. In den achtziger Jahren erleichterte der Fangtrichter den Fischern die Arbeit. Der Fang gelangte über Transportbänder auf eine Krabbensortiermaschine, wo die Krabben in einem nächsten Arbeitsschritt vom Beifang wie Schlick, Seesterne und Muscheln getrennt wurden. Daraufhin wurden die Krabben in heißem Meerwasser gekocht, sodass sie ihre typische gekrümmte Form erhalten. In der heutigen Zeit ist die Verarbeitung von Krabben an Bord noch weiter erleichtert worden. Moderne Kutter besitzen meist Kochstraßen, die das Vorbereiten der Krabben sowie das Kochen übernehmen.
Auch die Fischernetze haben sich im Laufe der Zeit verändert. Während der Fischer früher keinen unerwünschten Beifang verhindern konnte, ermöglichen ihm nun die selektiven Netze den Beifang größtenteils zu vermeiden. Auch politisch hat sich einiges in der Fischerei getan. Manfred Göken erzählte aus eigener Erfahrung, dass es zu Beginn seiner Karriere kaum Vorschriften in der Fischerei gegeben hat. In den Jahren sind immer mehr Vorschriften und Verordnungen dazu gekommen, die regelmäßig von den Behörden wie der Zoll, das staatliche Fischereiamt und dem Bundes-Grenzschutz kontrolliert werden. Einige Beispiele dafür sind das Einhalten der Mindestmaße der gefangenen Fische, die Beschränkung der Fangquoten und die Kontrolle der Fanggebiete. Auch der Fangplatzverlust durch „Offshore-Anlagen und Kabeltrassen machen die Arbeit des Fischers nicht leichter. Sogar die Einfahrt in den Hafen unterliegt strengen Vorschriften. Bei der Frischfischfischerei muß sich der Kapitän zwei Stunden vor dem Einlaufen in den Hafen beim Fischereiamt anmelden, da er ansonsten bei einer Verspätung mit einer Anzeige zu rechnen hat.
Auch die Technik brachte der Fischerei Neuerungen. Das elektronische Logbuch funktioniert ähnlich wie ein Flugschreiber und dokumentiert die Schiffspositionen auf Fischereischiffen. Diese Daten werden dann zur Kontrolle an die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung übermittelt. Durch das Logbuch kann genau nachvollzogen werden, in welchen Gebieten Fischerei betrieben wird.
Eine markante Veränderung in der Fischerei ist der Rückgang der Fischer und Fischerlehrlinge. Manfred Göken sieht ein großes Problem darin, dass der Beruf durch seine Arbeitszeiten und die körperliche Anstrengung nicht besonders attraktiv für den Nachwuchs ist. Außerdem werden Kutterneubauten durch die EU kaum gefördert, sodass junge Fischer sich ihren eigenen Kutter nicht leisten können, da auch Banken kaum Kredite in der Fischereibranche gewähren. Dabei ist die Fischerei aus Manfred Gökens Sicht von großer Bedeutung in unserer Region. Der idyllische Kutterhafen im Thalasso-Nordseeheilbad Neuharlingersiel ist ein Magnet für die Touristen und erfreut bei jedem Besuch immer wieder. Das Ein- und Auslaufen der bunten Kutter aus dem Hafen ist eine Attraktion für die Gäste und bringt Leben in unseren schönen Kutterhafen.
Damit der Kutterhafen in Neuharlingersiel das bleibt, was er ist, nämlich ein aktiver Kutterhafen mit aktiven Kuttern und Fischern, wurde der Verein „Die Freunde und Förderer der Fischerei und des Hafens Neuharlingersiel e.V.“, kurz „Hafenfreunde Neuharlingersiel“ gegründet. Auch im Internet informieren die Hafenfreunde über ihr Vorhaben und aktuelle Geschehnisse.
Hafenfreunde Neuharlingersiel – Homepage
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